Verletzlichkeit macht Stark.

Und so widme ich diesen Text dem inneren Anteil in mir, der verletzlich ist – und gleichzeitig so stark dem täglichen Leben die Stirn zu bieten.

Ich widme diesen Text den Essstörungen, in meinem Fall der Bulimie. 

Bulimie ist die Ess-Brech-Sucht, die nicht immer einhergehen muss mit dem erbrechen. Die intensiven Fressattacken können auch kompensiert werden durch tagelanges „Straf“-Fasten und exzessiven Sport.

Bulimie ist der ständige Kampf um Kontrolle; ein Kampf, in dem jeder Kontrollverlust bestraft wird. Bulimie ist, wenn das Gewicht dein Leben bestimmt. Wenn deine Stimmung von dem Gewicht auf der Waage abhängt.

Bulimie ist die Angst, die eigene Familie zu treffen, ja, sogar die eigenen Freunde, denn fast jedes soziale Ereignis setzt das Essen voraus. Das maßvolle Essen, denn unser dunkler innerer Begleiter will ja nicht erkannt werden.

Suchtverhalten

 Im Gegensatz zu vielen anderen, substanzbezogenen Süchten gibt es bei der Bulimie keinen Entzug, den wir machen könnten. 

Wir können uns dazu entschließen, nicht mehr zu rauchen. Wir können uns auch dazu entschließen, keinen Alkohol mehr zu trinken. Was wir jedoch nicht können, ist, nicht mehr zu Essen. 

Essen ist in unserem Leben immer präsent; Was wäre Weihnachten oder Essen? Welche Events kommen ohne Catering aus? Was ist mit dem romantischen Dinner? Nicht zu vergessen das Lunch mit Freunden und Kollegen. Essen ist immer mit dabei und eine der beliebtesten sozialen Aktivitäten. 

Ein „Entzug“ ist also nicht möglich. Und dennoch müssen wir uns zeitweise entsagen. Unsere innere Stimme wieder finden.

Ich empfinde schon lange kein Sättigungsgefühl mehr. Nur das Gefühl vom „vollgestopft sein“. Entweder bin ich „vollgefressen“, oder hungrig.

Doch was ist dieser Hunger wirklich? Das Tagebuchschreiben hat mir geholfen, meinen „Hunger“ zumindest zeitweise zu identifizieren. Dahinter steckten innere Leere, Unruhe, das Bedürfnis nach Komfort und Beständigkeit. Anstatt diese Gefühle anzukämpfen, bin ich voll reingegangen. 

Und trotzdem… eine endgültige Heilung ist für mich erstmal nicht in Sicht. Den Umgang mit Essen und meinem Körper lerne ich, Tag für Tag und Stück für Stück.

Das Selbstwertgefühl leidet

Hinderlich in meiner Entwicklung ist dabei jeder Trigger. Und davon gibt es viele! Da wäre der enttäuschte Blick meiner Verwandten, wenn ich den Teller nicht leer esse, das nachfragen der Kellnerin, ob mit dem Essen etwas nicht stimme. Leider ist da auch jeder Kommentar zu meinem Körper und meinem Aussehen. So positiv sie auch gemeint sein wollen, bestätigen sie mich doch in dem Gefühl, dass ich ein bestimmtes Gewicht benötigen würde, um wertvoll zu sein. 

Ich möchte dich dazu einladen, den wunderschönen Geist deiner Mitmenschen zu komplimentieren. Wie würde es sich anfühlen, wenn 

jemand nicht deine tollen Beine, deinen Bizeps oder deine Haut kommentiert, sondern deine Neugierde, deinen Intellekt und deine Loyalität?

Wir wissen nicht um die inneren Kämpfe unserer Mitmenschen, und ich bin überzeugt davon, wir alle kämpfen unsere eigenen Kämpfe.

Diese Kämpfe tragen viele von uns, ganz alleine und im stillen Aus. Je mehr wir aufeinander acht geben, je besser wir zuhören, je aufmerksamer wir sind, desto besser können wir unsere Mitmenschen bei ihrer Heilung der inneren Dämonen unterstützen.

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